Am vergangenen Samstag habe ich ein ganz spontanes Double-Feature im Kino eingelegt und mir zuerst das Neil Armstrong-Biopic Aufbruch zum Mond und den Nazi-Zombie-Actioner Operation: Overlord angesehen. An einen der beiden Filme hatte ich eine gewisse Erwartungshaltung. Bei dem anderen nicht. Und es kam wie es kommen musste: Der eine war eher enttäuschend und der andere bereitete mir viel Spaß!

Aufbruch zum Mond
Nach seinem Musicalhit La La Land wagte sie Regisseur Damien Chazelle an die Biografie von Neil Armstrong, dem ersten Mann auf dem Mond, den er mit Ryan Gosling besetzte. Dabei konzentriert sich der Film auf die 60er Jahre und die Zeit nachdem Armstrongs Tochter an einem Gehirntumor starb und er sich für das Gemini-Programm, die Vorstufe der Apollo-Missionen, als Astronaut bewarb. Anfangs tritt Armstrong dabei noch als liebevoller Vater und Ehemann in Erscheinung, doch mit dem Tod seiner Tochter zerbricht etwas in ihm und er zieht sich in sich zurück. Den in sich gekehrten und nach außen sehr nüchternen manchmal aber echt lieblosen Armstrong mimt Ryan Gosling zwar ziemlich gut, doch bringt das ein anderes Problem mit sich: Der Film bleibt für die restlichen zwei Stunden ebenso nüchtern und unaufgeregt, ja geradezu unemotional. Lediglich einige Todesfälle unter Kollegen nehmen Armstrong ziemlich mit. Von seiner Frau und seinen Söhnen, zu denen er nie ein richtiges Verhältnis aufbauen konnte, distanziert er sich hingegen zusehends und steigert sich bis zur Besessenheit in die Mondmission und die vorherigen Testprogramme hinein. Diese Besessenheit bringen Darsteller und Regisseur wirklich gekonnt auf die Leinwand. Leider wird das mit der Zeit ziemlich langweilig, denn der Film ist mit 140 Minuten mindestens eine halbe Stunde zu lang und trotzdem wird kaum etwas transportiert. Auf emotionaler Ebene versagt der Film für mich beinahe komplett, was zum einen an der Hauptfigur selbst und zum anderen an der nüchternen Erzählweise des Films liegt. Erst zum Höhepunkt der Mondmission, dem Betreten der Mondoberfläche, kommt es zu einem recht emotionalen Moment, der Armstrong als Filmcharakter etwas entschuldigt.
Handwerklich hingegen gibt es nichts zu meckern. Im Gegensatz zum durchgestylten und bunten La La Land kommt Aufbruch zum Mond eher nüchtern und filmisch einfach daher. Viele Szenen sind mit wackeligen Handkameras gedreht, was mal sehr passend, leider ganz häufig auch sehr störend war. In ruhigen Szenen passt sowas für mich einfach gar nicht. In Stresssituationen funktioniert die Übertragung von Nervosität und Panik auf den Zuschauer durch schnelle Schnitte, wackelige Kamera und ein sehr penetrantes Sounddesign allerdings wiederum ziemlich gut. Auch der allgemeine Look überzeugt, denn passend zum 60er-Jahre Setting ist der Streifen auf 16 mm, 35 mm und IMAX 65 mm gedreht, was man dem Filmkorn beinahe jederzeit ansieht und was einen gewissen analogen Charme mit sich bringt.
Insgesamt ist Aufbruch zum Mond oder First Man, wie er im Original heißt, leider weit hinter seien Möglichkeiten geblieben und ein viel zu langer und recht nüchterner Film. Einmal weiß der Film grade genug zu unterhalten. Ein zweites Mal werde ich ihn jedoch wahrscheinlich niemals anschauen. Schade.

Operation: Overlord
Nach dem trotz der Thematik sehr bodenständigen Biopic ging es dann in den vermeintlichen Trash-Actioner Operation: Overlord von Regisseur Julius Avery und Produzent J. J. Abrams. Um Abrams aktuellstes Projekt wurde lange Zeit ein Geheimnis. Wird es Cloverfield 4? Oder ganz was anderes?
Nun, es wurde ganz was anderes. Fasst man den Plot des neuen Films zusammen konnte man böses erahnen, denn mehr Trash-Klischee geht kaum: Eine Einheit Soldaten wird wenige Stunden vor dem Angriff der Alliierten am D-Day in Frankreich abgesetzt, um einen Störsender der Nazis in die Luft zu Jagen. Auf dem weg kommen sie bei der hübschen Französin Chloe und ihrem kleinen Bruder Unter und erleben die Gräuel und Willkür der Nazis aus erster Hand mit. Als einer der Soldaten schließlich in die Katakomben des Nazistützpunkt in einer alten Kirche eindringt entdeckt er unaussprechliche Experimente an Menschen. Denn ein tausendjähriges Reich benötigt schließlich tausendjährige Soldaten!
So weit so plump und albern. Könnte man meinen. Dass der Film nicht zu billigem Trash verkommt liegt an mehreren Dingen. Zum einen nimmt der Film das WWII-Setting wirklich ernst und zeigt die Grausamkeit des Krieges überraschend ungeschönt und nicht mehr oder weniger realistisch als einschlägige Antikriegsfilme. Der zweite Faktor ist, dass der Film auf einen ungeheuren Bodycount bei den Hauptfiguren verzichtet. Denn direkt zu Beginn wird die Einheit mit dem Spezialauftrag ziemlich… eingedampft. Nach dem nächtlichen Absprung bleiben lediglich vier Soldaten übrig. Das und der Umstand, dass die vier unterschiedlicher kaum sein könnten macht die Gruppe nahbar und lässt potential für echte Charakterentwicklungen und Identifikation. Ein ausgefeiltes Drama darf man aber natürlich nicht erwarten. Das ist aber auch gar nicht nötig, denn die Hauptdarsteller, die später noch um Matthilde Ollivier ergänzt werden, machen einen wirklich anständigen Job und füllen die Figuren glaubhaft und sympathisch mit Leben. Vor allem machen sich auch mehrere Fehler, die sie ausbügeln müssen und die sie vor allem ausbügeln wollen. Auf Charakterebene übertrifft der Film also alles was man anhand des Plots erwarten konnte.
Der offensichtlichste Erfolgsfaktor bei dem entrinnen der Trashfilm-C-Movie-Hölle ist aber ganz eindeutig das richtig anständige Produktionsniveau. Peinliche Steinzeit CGI und billige Stockmaterial-Explosionen? Fehlanzeige! Alles bewegt sich tatsächlich auf dem Niveau aktueller kleinerer Blockbuster und kann sich sehen lassen. Sowohl die Nahkämpfe, die Schießereien, die Sparsam eingesetzten Explosionen und die ziemlich aufwendig produzierte Eröffnungssequenz können sich absolut sehen lassen und machen wirklich spaß.
So richtig spaßig wird es dann natürlich in der zweiten Hälfte und dem letzten Drittel wenn sich alles weiter Zuspitzt und die ersten Quasi-Zombies auftauchen. Auch hier ist die Devise eher Klasse statt Masse völlig aufgegangen. Das ist übrigens wohl der größte Kniff des Films: Er hält alles sehr klein und übersichtlich. Das spart natürlich zum einen Produktionskosten und macht den Film mit einem recht kompakten Gebiet in dem agiert wird zudem spannender.
Um das nun zum Abschluss zu bringen ein kleines Fazit: Operation: Overlord zeigt, dass man aus einem Trashfilm-Konzept mit überlegter Inszenierung, guten Darstellern, dem nötigen Ernst und nicht zuletzt einem richtig anständigen Produktionsniveau gutes Popcornkino machen kann. Über die billigen und vorhersehbaren Jumpscares um noch etwas mit Horror einzustreuen kann ich dabei wunderbar hinwegsehen. Der richtige Film für einen Kinoabend mit den Kumpels oder Freundinnen, wenn ihr auf sowas steht und euch gut unterhalten lassen wollt.
Trotz dem insgesamt eher enttäuschenden aber letzten Endes noch echt „okayen“ Aufbruch zum Mond und dem unterhaltsamen Operation: Overlord mit vorherigem Restaurantbesuch ein wirklich unterhaltsamer Abend. Kann ich so empfehlen 😉
Ein Kommentar zu „Double-Feature: Aufbruch zum Mond & Operation: Overlord [Kino]“